Santa Giulia
Po della Donzella: die Pontonbrücke von Santa Giulia Der Po della Donzella ist einer der sieben Mündungsarme des großen Po-Deltas. Nachdem er sich vom zentralen Arm gelöst hat, fließt er nach Südosten und verläuft in seinem gewundenen Bett 25 Kilometer bis zur Adria durch die äußersten Ländereien des Polesine-Gebiets. Die einzige Möglichkeit, ihn an diesem niedrigen Verlauf zu überqueren, bietet die Pontonbrücke von Santa Giulia. Diese Struktur mag zwar nicht einzigartig, aber sicherlich ein seltenes Zeugnis der Bräuche früherer Zeiten sein. Genauer gesagt handelt es sich um die Zwischenkriegszeit, als es noch keinen Stahlbeton gab, der den Bau von Brücken ermöglichte, die einen so großen Fluss überspannen konnten. Hier am Po della Donzella ruht die Brückenstraße auf 22 großen Booten, die miteinander verbunden und fest im Flussboden verankert sind. Die Brücke ist ein malerisches Fotomotiv, auch aufgrund der Balken aus Eichenholz, die die Fahrbahn ausmachen. In der Mitte der Brücke befindet sich ein unerwartetes Element: ein Holzkreuz mit Satteldach. Sollte also die Notwendigkeit bestehen, hat man es nicht weit, um ein Stoßgebet gen Himmel zu schicken. Deshalb ist er so einzigartig In der letzten Nachkriegszeit ging die Zahl der Schifferbrücken immer stärker zurück. Zum Teil lässt sich dies auf Kriegsschäden zurückführen, viel mehr jedoch auf die Tatsache, dass diese Brücken für den wachsenden Straßenverkehr ungeeignet waren und nach und nach durch modernere feste Strukturen ersetzt wurden. Die erhaltenen Relikte dieser Art lassen sich an den Fingern einer Hand abzählen, wobei das von Santa Giulia zu den malerischsten gehört. Mittlerweile haben die wenigen noch in Betrieb befindlichen Pontonbrücken eher Denkmalcharakter: Sie dienen als Attraktion für Touristen, die die geräuschvolle Überquerung über die Holzplanken reizvoll finden. Bevor man sie betritt, fallen die Schilder mit den Größen- und Geschwindigkeitsbegrenzungen für die Fahrzeuge ins Auge, die die Pontonbrücke passieren dürfen, wie ein Hinweis auf die Rolle, die diese Brücken im Kontext des langsamem Tourismus spielen könnten, der für die Zukunft des Deltas vorgesehen ist. Unbedingt sehenswert Wenn Sie es nicht eilig haben, lohnt es sich immer, ein paar Worte mit den letzten Vertretern einer vom Aussterben bedrohten menschlichen Spezies zu wechseln, den Pontiereri, also denjenigen, die die Brücke bewachen, was bedeutet, dass sie sich nicht nur um ihre ständige Wartung kümmern, sondern auch für ihre Sicherheit zuständig sind, zum Beispiel, wenn Flüsse über die Ufer treten und Boote durch schwimmende Baumstämme beschädigt oder sogar durch die Strömung weggerissen werden könnten, wie es bereits vorgekommen ist. In diesem Fall sind die Pontonbrücken so ausgelegt, dass sie in der Mitte offen und die beiden Enden beweglich sind, damit sie so platziert werden können, dass sie sich am Ufer in der Position mit dem geringsten Wasserwiderstand befinden. Das gilt auch für das Gegenbeispiel, bei Trockenheit, wo sich die Brücke so weit absenken kann, dass die Überquerung über die Zugangsrampen problematisch wird. Ein bisschen Geschichte Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts war die Überquerung eines großen Flusses keine einfache Sache. Meistens wurden zu diesem Zweck Lastkähne eingesetzt, die zwischen den beiden Ufern pendelten. Die Überfahrt war natürlich gebührenpflichtig, umso mehr, wenn es sich um zollpflichtige Waren handelte oder wenn der Fluss, wie im Fall des Po, eine Landesgrenze darstellte. An den am stärksten frequentierten Transitpunkten war es üblich, eine Pontonbrücke einzurichten, eine anspruchsvolle Aufgabe, aber immer noch einfache, als eine Brücke aus Mauerwerk zu bauen. Nach einer jahrtausendealten Technik wurde eine Reihe von Lastkähnen nebeneinander gelegt, die gut miteinander verbunden und dann fest am Boden des Flusses verankert waren, so dass man quer über die Rümpfe eine hölzerne Konstruktion als befahrbaren Überweg installieren konnte. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts gabe es entlang des Flusses Po, unterhalb von Pavia, etwa 20 solcher Pontonbrücken, zu denen der Vollständigkeit halber auch diejenigen zu zählen sind, die sich oft an der Mündung der Nebenflüsse befanden. WissenswertesDie Touristenschilder sprechen von „Lastkahnbrücke“, aber tatsächlich handelt es sich bei diesen Schwimmelementen wirklich um eine eigene Art. Sie haben zwar eine sich verjüngende Form wie ein Schiff, um die Strömung zu brechen, aber man kann sie nicht wirklich als Boote bezeichnen. Das Erstaunlichste ist jedoch, dass es sich um Elemente aus Stahlbeton handelt! Das ist nichts Besonderes, denn trotz ihres hohen spezifischen Gewichts des Materials lässt sich anhand des Satzes des Archimedes erklären, warum sie schwimmen können. Es ist vielmehr schwer zu glauben, dass sich mit der gleichen Technik, mit der Dämme und Schornsteine errichtet werden, Schiffe mit so schmalen Seitenwänden bauen lassen. Anhand der Geschichte des Ersten Weltkriegs wird deutlich, warum sich das militärische Genie gerade zu diesem Zeitpunkt auf den Bau von Pontonbrücken spezialisiert hatte. Dabei wurde eine Methode für deren Serienbau entwickelt, die auf die Verwendung von Beton setzte, der mit Metallnetzen verstärkt wurde. Ebenfalls bemerkenswert ist, dass nach dem Krieg viele dieser Boote, die inzwischen als Kriegstrümmer galten, aufgrund ihrer unvergänglichen Natur zu jenen Lastkähnen umgebaut wurden, die noch heute am Flussufer als Fischerhütten stehen. Bildnachweis: Francesco Soletti